Fließwasserseminar mit Sicherheitsakademie 2016

Steyr, 07.07.2016

Immer wieder kommt es zu lebensgefährlichen Situationen, wenn Menschen in Fließgewässern treiben. PolizistInnen sind in diesen Momenten oft die ersten Einsatzkräfte vor Ort. Dann muss sehr rasch eine äußerst schwere Entscheidung getroffen werden: Selbst ins Wasser gehen, gar nachspringen, um den Ertrinkenden zu retten? Oder doch auf professionelle Hilfe mit der passenden Ausrüstung warten? Klar ist, dass in dieser Situation der Leitsatz für alle HelferInnen an vorderster Stelle stehen muss: Selbstschutz vor Fremdschutz – niemandem ist geholfen, wenn aus einem Opfer plötzlich zwei werden, denn die Gefahren im fließenden Gewässer sind für das Opfer und den ungesicherten Retter gleich groß.

Diese Überlegungen bildeten die Ausgangslage für das erste Fließwasserseminar in Oberösterreich im Rahmen der seit 2011 bestehenden Kooperationsvereinbarung zwischen Polizei und Wasserrettung, welche von der ÖWR speziell für die Sicherheitsakademie konzipiert wurde. 

Eines vorweg – eine allgemeingültige Regel kann nicht getroffen werden, es spielen viele unterschiedliche Faktoren mit. Die zwei größten Gefahren sind die Kraft der Strömungsgeschwindigkeit und die niedrigen Wassertemperaturen. Beiden ist gemeinsam, dass sie oft grob unterschätzt werden.

Um die Risiken abschätzen und die bestmögliche Entscheidung treffen zu können, sind theoretische Kenntnis über mögliche Gefahrenquellen und die praktische Erfahrung am eigenen Leib die beste Voraussetzung. Und am 07. Juli war es für 26 PolizeischülerInnen der Sicherheitsakademie OÖ in Steyr so weit, genau diese Erfahrungen zu machen.

Im Rahmen der Retterscheinausbildung lernen die angehenden PolizistInnen, andere Personen aus dem Wasser zu bergen. Doch bereits geringe Strömungsgeschwindigkeit verlangt einiges mehr an Kraftaufwand ab, um wieder ans Ufer zu gelangen. Deutlich spürbar wurde das bei den ersten Flussquerungen und beim freien Retten einer anderen Person. Und trotz schützender Neoprenanzüge konnten die Seminarteilnehmer die große Gefahr erahnen, die von den niedrigen Wassertemperaturen in Fließgewässern ausgeht. Im Ernstfall zehrt die rasche Unterkühlung des Körpers bereits nach wenigen Minuten viele Energien auf.

Nach diesen ersten Erfahrungen im Fließgewässer stellte der Kursleiter Mag. Lothar Hiebl, Wildwasserreferent der oberösterreichischen Wasserrettung, alternative Rettungsmöglichkeiten vor, deren Ziel es ist, das Opfer vom Ufer aus zu bergen, ohne als Retter selbst in Gefahr zu geraten. Nur als letzte Möglichkeit bleibt der eigene Schritt ins Wasser – nach Möglichkeit gesichert, aber niemals mit einer fixen Seilverbindung, die im Notfall nicht gelöst werden kann.

Richtig zur Sache ging es am Nachmittag in den Weißwässern der Abläufe bei der St. Annawehr und der Kugelfangwehr. Abgesichert durch die erfahrenen WildwasserretterInnen der Österreichischen Wasserrettung konnten hier die TeilnehmerInnen die Kräfte des Wassers auf sich einwirken lassen, wenn kleine Walzen und Strudel den eigenen Körper kurzzeitig unter die Oberfläche drücken und die Strömung die Kontrolle übernimmt. Dieser Teil des Kurses war nur durch die genaue Ortskenntnis und Erfahrung von Dietmar Ramsner möglich, dem Ortsstellenleiter Steyr / Ausee, der als aktiver Wildwasserretter „seine“ Wehren und die damit verbundenen Gefahren wie seine Westentasche kennt.

Für die Wasserrettung ist es nicht nur von Bedeutung, dass zukünftige PolizistInnen Gefahrensituationen im Fließwasser besser einschätzen können, sondern dass diese auch gleichzeitig die Aufgaben und die Leistungsfähigkeit der Wasserrettung kennenlernen konnten. Auch aufgrund der positiven Rückmeldungen der Teilnehmer war dieser Fließwasserkurs ein gewinnbringender Tag für Polizei und Wasserrettung.

Fotos: Österreichische Wasserrettung LV OÖ
Text: Martin Eberl

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