Eisbergeübung am Lipnostausee 2012 

Dolni Vltavice, (CZ) 04.02.2012

„Erfrischend.“ British Understatement hilft vielleicht. 8 Einsatzkräfte der OÖ Wasserrettung von den Ortstellen Plesching und Laakirchen nehmen an einer Übung am Moldaustausee in Tschechien teil. Es ist Samstag, 4. Februar 2012, und einer der bisher kältesten Tage in diesem Winter. Um 10:30 vormittags beträgt die Temperatur minus 18 Grad und Wind verstärkt das Kältegefühl. Gemeinsam mit den tschechischen Kollegen der Wasserrettung werden wir den Einsatz verschiedener Bergegeräte bei Eiseinbrüchen auf dem zugefrorenen Moldaustausee üben.

Am Beginn der Übung steht die Selbstrettung. Absolut lebensgefährlich ist es, wenn man unter das Eis gelangt. Durch den plötzlichen Schock des eiskalten Wassers und die schlechte Sicht unter Eis ist das Wiederfinden des Einsturzloches äußerst schwierig. Besonders bei fließenden Gewässern, bereits bei geringer Fließgeschwindigkeit, ist eine Rückkehr zur Wasseroberfläche fast nicht möglich. Um bereits beim Einbruch ins Eis das Untertauchen zu verhindern, hilft es die Arme anzuwinkeln oder auszustrecken.

Während der Übung sind wir durch unsere 5-mm Halbtrocken-Neoprenanzüge einigermaßen geschützt. Um die Situation der Opfer so realistisch wie möglich nacherleben zu können, besteht daher unsere erste Übung auch darin, beim Sturz ins Wasser mit dem Kopf unterzutauchen. Auf unseren Helmen beginnen Eiszapfen zu wachsen, die uns in den nächsten Stunden begleiten werden.

Ist man ins Eis eingebrochen, helfen starke Beintempo wie beim Brustschwimmen um den nötigen Schwung zu erzeugen und sich mit dem Oberkörper auf das Eis schieben zu können. Gibt das Eis nach, bricht der Verunfallte mit Ellbogen und Knie so weit das Eis weg, bis es tragfähig ist. Grundsätzlich bewegt man sich immer in die Richtung, aus der man gekommen ist. Hier besteht die Gewissheit, dass das Eis gehalten hat (ausgenommen das Ufer ist nur 3 bis 4 Körperlängen entfernt).

Hilfreich bei der Selbstrettung sind sogenannte Eiskrallen – zwei Handgriffe mit einer metallenen Spitze. Die Griffe sind mit einer Schnur verbunden und können bequem um den Hals getragen werden. Bei einem Einbruch werden die Spitzen fest ins Eis gerammt, um sich an den Griffen aus dem Wasser ziehen zu können. Besonders für Personen, die sich oft auf natürlichen Eisflächen bewegen, empfiehlt sich dieses Selbstrettungsmittel.

Unsere Übung wird fortgesetzt und verschiedene Rettungsmittel kommen zum Einsatz. Bei jedem Annähern an die Einbruchstelle ist es wichtig, das Gewicht so großflächig wie möglich zu verteilen. Beim Retten mit einer gewöhnlichen Leiter wird sowohl der Retter als auch die Leiter mit einem Seil gesichert. Auf dem Bauch robbend, ein Bein auf der Leiter, ein Bein zum Anschieben auf dem Eis nähert sich der Retter der Einbruchstelle. Der Retter dreht das Opfer mit dem Rücken zu sich, packt es unter den Achseln und gibt seinen Kollegen ein Zeichen, um aus dem dem Wasser gezogen zu werden. Da das Eisloch für die Übung künstlich angelegt und mehrere Meter groß ist, schwimmen unsere Opfer teilweise ein, zwei Meter vom Eisrand weg im Wasser. Unweigerlich taucht beim Rettungsversuch der eigene Kopf im Wasser unter – die Eiszapfen an unseren Helmen gedeihen prächtig.

Das nächste Rettungsmittel besteht aus einem ummantelten Seil mit einer einfachen Schlinge. Diese Schlinge soll unter die Achseln des Eingebrochenen geführt werden, um ihn dann mit dem Rücken voran aufs Eis ziehen zu können. Gut, wenn sich das Opfer den einfachen Gurt noch selbst anlegen kann, doch durch den Schock und die Kälte wird der Verunfallte meist keine Kraft mehr haben, sich noch selbst irgendwo festzuhalten. Das heißt für uns ausgebildete Retter: Selbst mit einem Seil gesichert geht es wieder rein ins Wasser. Die Schlinge wird über das Opfer gelegt und vorne fixiert und gemeinsam werden wir von unseren Kollegen aufs Eis gezogen.

Sicherstes Rettungsmittel ist ein spezielles Eisrettungsboot. Bei diesem luftgefüllten Boot lässt sich das Heck aufklappen. Zwei Retter nähern sich mit dem Boot der Einbruchstelle. Wieder sind ein Bein im Boot und das andere auf dem Eis um das Gewicht so weit wie möglich zu verteilen. Ein Retter rutscht auf dem Bootsboden über das Heck zum Eingebrochenen und sichert das Opfer mit einem Griff unter den Achseln, während der zweite Retter im Bug liegt und den ersten Retter sichert und das Boot stabilisiert. Mit einem Seil am Bug des Bootes werden Opfer und Retter von ihren Kollegen aus dem Einbruchsbereich gezogen.

Der letzte Teil der Eisbergeübung soll uns noch einmal die Situation der Einbruchsopfer näherbringen. Ohne Helm und ohne Kopfmaske gilt es, ca 2 Meter unter dem Eis zu einem Eisloch zu schwimmen. Die Sicherung erfolgt mit einem Seil, trotzdem kostet es Überwindung zur Gänze in dem eiskalten Wasser unterzutauchen. Die Kälte schmerzt in den geöffneten Augen, das Vorwärtskommen ist fast nicht möglich. Wer im Ernstfall ohne Sicherung unter das Eis gerät, ist mit ziemlicher Sicherheit verloren.

Nach ca. 2,5 Stunden ist die Übung beendet. Schwierig entpuppt sich noch das Umziehen. Sämtliche Reisverschlüsse und Schuhbänder sind tief gefroren. Die warme Verpflegung durch unsere tschechischen Kollegen tut uns jetzt wirklich gut.

Eingesetzte Kräfte:

  • OS Plesching: Haunschmidt Martin, Eberl Martin, Lueger Christoph, Hiebl Gunter, Spindler Lena-Sophie, Grill Julian
  • OS Laakirchen: Brunner Jochen, Prüwasser Peter
  • 2 Einsatzfahrzeuge 

Fotos: Österreichische Wasserrettung LV OÖ
Text: Martin Eberl

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